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Die Tönisberger Bockwindmühle
Die Bockwindmühle in Tönisberg ist eines der bedeutungsvollsten Denkmäler der Stadt Kempen. Auf einer Anhöhe zwischen Kempen und Neukirchen-Vluyn, dem Tönisberger Mühlenberg, stellt die Kastenbockwindmühle als eine der letzten vier Kastenwindmühlen am Niederrhein eine besondere Landmarke dieser Gegend dar.
Typisch für Bockwindmühlen ist die Möglichkeit, diese mittels eines langen Hebelarms, einem Stert, in den Wind zu drehen. Der Hausbaum, das „Lot der Mühle“ wird gehalten durch den Bock. Oben auf dem Hausbaum ist ein Querbalken mit einem Querschnitt von ca. 65 x 65 cm gezapft. Er bildet den Drehpunkt der Mühle und trägt das Gehäuse. Mit ihren zwei Mahlgängen stellt die Mühle in Tönisberg eine Besonderheit dar.
Die Mühle wurde 1802 fertiggestellt und war bis 1913 in Betrieb. 1925 wurde sie unter Denkmalschutz gestellt.
Zuletzt wurde sie 2024 komplett restauriert und ist voll fiunktionsfähig.
Geöffnet ist sie alljährlich am traditionellen Mühlentag (Pfingstmontag);
Führungen für Gruppen sind kostenlos und können unter eMail
Vorgeschichte
Erhard Louven schreibt in seinem Bericht "Die Windmühle von Tönisberg" in den Tönisberger Heimatblättern Heft 1 und 2, dass der Vorgänger der Bockwindmühle wahrscheinlich eine Wassermühle war, die nach Michael Buyx am Mühlenrahm an Vinnbrück lag.
um 1720
Vermutlich war die Wassermühle um 1720 nicht mehr funktionsfähig, denn die Einwohner von Tönisberg beginnen um diese Zeit bei der geldrischen Kommission um eine Mühle zu bitten.
um 1800
Um 1800, nach Einführung der Gewerbefreiheit, bereitet ein Bevollmächtigter der Gemeinde den Bau der Bockwindmühle auf dem Mühlenberg vor. Das aufzubringende Kapital beträgt 4425 Taler. Eigentümer ist eine Mühlengesellschaft.
1802
Fertigstellung der Mühle im August,
als Gesellschaftsmühle betrieben.
Erster Pächter der Mühle wird am 10.8.1802 Anton Schouten. Die Pacht beträgt 850 Taler.
1820
Pächter wird Johann Heinrich Schouten.
1831-1832
Die Mühle wird von Grund auf renoviert.
1839
Nachdem die Kastenbockwindmühle ursprünglich durch eine Mühlengesellschaft betrieben wurde, übernahm 1839 die örtliche Zivilgemeinde mittels einer Übertragung die Eigentumsrechte.
1842
Pächter wird Christoph Verhaag.
1843
Reparatur: neuer Mühlenmast
1854
Pächter wird Heinrich Roosen aus Hüls.
1870
Pächter wird Johann Aengenheister.
1879-1880
Reparaturen
1881
Pächter wird Heinrich Bünten.
1886
Pächter wird am 2.11.1886 Carl Rögels aus Straelen. Pachtzins ist 445 Mark.
Carl Rögels betreibt eine Mühle mit Benzinantrieb im Kotten von Döckels (später Alberts Kohlenplatz auf der St.-Anton-Straße).
1910
Reparatur größerer Schäden, u.a. wird der Bock erneuert und anstatt Holz wird Stahl verwendet.
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aus dem Fotoalbum von Bürgermeister Doeckel von 1910.
1913
Der Mühlenbetrieb wird endgültig eingestellt.
Carl Rögels übernimmt im Wilmeshof (Bergstraße 9) eine Mühle mit Elektromotor.
1925
Die Mühle wird unter Denkmalschutz gestellt.
1926
Die Mühle muß erneut umfassend saniert werden.
1939
Der 2. Weltkrieg beginnt. Im Dach der Mühle wird ein Ausguck als Flugabwehr-Beobachtungsstand für eine Flak-Batterie eingerichtet.
1945-1947
Beim Einmarsch der Amerikaner am 2. März 1945 erhält die Mühle einen Granattreffer und wird schwer beschädigt. In den Notwintern sorgt der "Holzklau" für weiteren Abbau.
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1949
Bald nach dem Krieg wurde die Mühle instandgesetzt und 1949 fertiggestellt. Dies wurde maßgeblich durch Sachspenden in Form von Holz, Teerpappe, Eisen o.ä. finanziert, die verschiedene Beteiligte (Land, Kreis, Vereine, Bürger) der Region gemeinsam aufbrachten.
Am 10. Oktober 1949 wird die Instandsetzung feierlich begangen.
In der Festansprache heißt es: "Die Mühle ist kein totes Gebilde, sie ist Heimat. Ihre Einmaligkeit verdient der Nachwelt erhalten zu bleiben."
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1968-1973
grundlegende Renovierung:
1968 ist die Mühle erneut sehr instandsetzungsbedürftig. Eine völlige Erneuerung wird notwendig. Ein totaler Abbau und Neuerrichtung wird beschlossen.
Der letzte Mühlenbauer vom Niederrhein, Johannes Vossdellen aus Lobberich-Sassenfeld übernimmt den Auftrag.
1968 wurde die Mühle vom Mühlenbauer Johannes Vossdellen abgebaut. Der Aufbau der Mühle 1973 erfolgt unter Wiederverwendung möglichst vieler bereits vorhandener Bauteile wie dem Steinbalken (Hammer), dem Hausbaum und der Flügelwelle. Es wurde auf die Drehbarkeit des Korpus verzichtet und der Bock statt in Stahl wieder in Holz ausgeführt.
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Bild oben: der Sockel wartet auf den Aufbau.
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Bild oben: der Mühlenkasten wird mittels eines Krans aufgesetzt.
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Bild oben: Der Rohbau der Bockwindmühle ist fertiggestellt.
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Bild oben: Mühlenbauer Johannes Vossdellen (links) und Bürgermeister und Sohn des letzten Müllers, Carl Rögels.
1973
Mit einem zünftigen Mühlenfest feierten die Tönisberger an den Tagen der Sommerkirmes im Jahr 1973 die Wiedererrichtung ihres Wahrzeichens.
Alle Vereine beteiligten sich in Trachten des 19. Jahrhunderts an Umzug und Fest.
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1994
Am 14. und 15. Mai wurde anlässlich der 750 Jahrfeier der Stadt Kempen ein weiteres Mühlenfest gefeiert.
1997
Das Kronrad muss wegen Holzbockbefall von der Tönisberger Firma Heiner Klinkenberg erneuert werden.
1998
Bei einem Herbststurm bricht ein Flügel ganz und ein weiterer teilweise ab..
1999
Die Mühle erhält 4 neue Flügel (Fa. Klinkenberg).
1999
Der 1998 gegründete Heimatverein-Tönisberg e.V. öffnet am Pfingstmontag zum ersten Mal für Besucher die Tür zur Mühle, gibt Interessierten Erläuterungen zur Technik und Historie und verkauft von der Bäckerei Hoenen gestiftetes Mühlenbrot mit Schmalz.
Der Besucherandrang war groß und so öffnet der Heimatverein zukünftig in jedem Jahr am Pfingstmontag die Türen zum Tag der offenen Mühle.
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Die Mühle - 2002 vom Schachtgerüst des Schacht IV aus fotografiert.
2004
Die Mühle erhält eine neue Außentreppe.
2009
Die Mühle ist komplett eingerüstet, Mühlenkasten und Bock erhalten einen neuen Anstrich.
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Bild oben: Die Mühle am Tag der offenen Windmühle im Jahr 2011.
2023-2024
Um die Mühle instand zu halten, musste sie ab Herbst 2023 aufwändig saniert werden und wurde zum Mühlentag am Pfingstmontag 2024 renoviert der Öffentlichkeit vorgestellt.
Für den Herbst 2024 ist die Neuerstellung und Anbringung der Flügel geplant, so dass die Mühle wieder vollständig restauriert und funktionstüchtig ist.
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Bild oben: Der Mühlenkasten wird aufgesetzt.
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Bild oben: die Mühle ist - bis auf die fehlenden Flügel - fertig gestellt.
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Bild oben: Bürgermeister Christoph Dellmans, Christiana Dahmen vom Hochbauamt der Stadt und Helmut Thissen, Vorsitzender des Heimatvereins.
Die Rheinische Post widmete der Neueröffnung in Ihrer Ausgabe vom 20.05.2024 einen umfassenden Bericht:
Die Sanierung der 222 Jahre alten Kastenbockwindmühle, ein Wahrzeichen von Tönisberg und eines der wichtigsten Denkmäler der Stadt Kempen, stieß am Pfingstmontag auf großes Interesse. Zum Deutschen Mühlentag, vergleichbar einem Tag der offenen Tür, hatte der Heimatverein Tönisberg eingeladen. Und damit der Öffentlichkeit erstmals die Möglichkeit geboten, die frisch restaurierte Mühle in Augenschein zu nehmen.
Alt und Jung pilgerte per Auto, Fahrrad oder zu Fuß auf den grünen Hügel von Tönisberg, um das alte Schätzchen in neuem Glanz zu bewundern. „Ist richtig gut geworden“, findet etwa Frank Schubert mit anerkennendem Blick. Der Vorsitzende des Heimatvereins St. Hubert ist ein gebürtiger Tönisberger. Ihm ist die Mühle sehr vertraut. „Hier haben wir als Kinder gespielt und sind rumgeklettert“, erinnert er sich. Christiana Dahmen, Leiterin des Hochbauamts der Stadt Kempen, ist sichtbar stolz und glücklich, lobt die gute Arbeit von Mühlenbauer Möller aus Rahden bei Minden. Sie verweist auf den komplett erneuerten Bock aus schwerem Eichenholz, der so marode war, dass die Standsicherheit gefährdet war. Damit er erneuert werden konnte, musste im Herbst des vergangenen Jahres der gesamten Kasten per Kran abgehoben werden.
Der Bock stützt den Hausbaum, einen dicken senkrecht stehenden Eichenstamm, der in den Kasten hineinragt und noch gut erhalten war. Über eine neue stabile Eichentreppe mit 24 Stufen geht es hoch hinein in den Mühlenkasten, der Hightech vergangener Zeiten enthüllt. Hier musste ein wesentliches Bauteil komplett erneuert werden: der über vier Meter lange massive Hammerbalken, auf dem die gesamte Konstruktion ruht. Viele erklimmen auch noch eine weitere steile Stiege und stehen nun ganz nah bei den großen hölzernen Mühlrädern, dem aufrecht stehenden Kammrad mit dem erneuerten Wellbalken und den beiden liegenden Mühlrädern, die die Mahlsteine in Bewegung setzen.
Dahmen zieht mit aller Kraft an einem schweren Seil, das die Bremse aus Pappelholz am Kammrad lenkt. Man meint eine leichte Bewegung zu spüren. Tatsächlich ruht die gesamte 30 Tonnen schwere Konstruktion nur auf einem einzigen Punkt zwischen Hausbaum und Hammerbalken auf. Eine technische Meisterleistung.
Besonderer Clou ist, dass die Mühle an dieser Stelle wieder drehbar gemacht worden ist. Die Treppe kann vom Boden gelöst werden. Mittels des ebenfalls erneuerten Sterts kann der gesamte Mühlkasten samt Treppe nun wieder in den Wind gedreht werden. „Sie ist technisch so saniert, dass wir theoretisch Mehl mahlen könnten“, erläutert Dahmen.
Es fehlen nur noch die Flügel, für deren Sanierung aktuell Ausschreibungen laufen und die im Herbst angebracht werden sollen. Auch das Außengelände soll noch hergerichtet werden. 250.000 Euro hat die Stadt Kempen an Eigenmitteln eingebracht, um dieses wertvolle Baudenkmal zu erhalten.